Nr. 194: „Die Zeit ist schwarz, ich mach euch nichts weis" (Erich Kästner)

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Veranstaltung „Adlerflug“ am 4. März 2022 in der Seeliger Villa der Landesmusikakademie.  Die Resonanz beim Publikum war angesichts der Pandemiebeschränkung sehr erfreulich. Wort und Musik, verbunden in einer Mischung, die die Zuhörer durchaus forderte.

 

Während sich die Musik in dem erwartbaren Rahmen eines Konzertes bewegte, schien ein Teil des Publikums durch meine Lyrik irritiert bis provoziert. Von Zustimmung bis zu Buhrufen, demonstrativem Verlassen des Saales und einer leidenschaftlichen Erklärung am Schluss „Wo bleibt das Positive?" war alles dabei.

 

Genau so habe ich mir die Reaktion des Publikums gewünscht, wenn auch hier die Toleranz der pöbelnden Störer deutlich zu wünschen übrig ließ. Gleichwohl, Satire, die zum Nachdenken anregt und dabei provoziert, darf niemanden kalt lassen. In der ungelüfteten Komfortzone bürgerlicher Gemütlichkeit werden die Gedanken träge. Alles kreiselt um die eigene Befindlichkeit. Man stumpft ab. Augen zu und durch, so heißt das Motto.

 

Schläfrig sein führt eine Gesellschaft ins Verderben. 1930, am Vorabend des Nazi-Terrors, wurde der Schriftsteller Erich Kästner mit genau derselben Frage aus seinem Leserkreis konfrontiert:

Wo, Herr Kästner, bleibt das Positive?

 

Dieses Gedicht möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten. Es ist eine geschliffene Replik auf ein gefährliches Harmoniebedürfnis, das sich auch heute in weiten Teilen unserer Bevölkerung auszubreiten scheint.

 

 

Erich Kästner: Wo bleibt das Positive?*

(Erschienen 1930)

 

 

Ich habe den Text des Gedichtes entfernt, weil hier die Gefahr der Verletzung des Urheberrechts besteht. RS 

 

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*Auszug