Nr. 117: Ich nenn´es Ebenmaß...

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

Schluss ist´s mit dem Schönen. Der Herbst ist da. Kälte. Nässe. Dunkelheit. Da will ich Sie mit einer Rätselfrage unterhalten. Im Mittelpunkt steht das Elend. Ja, der personifizierte oder besser – steingewordene Missmut. Oder noch genauer: Wir suchen eine Stadt. Sie suchen eine Stadt. Auf denn also. Erraten Sie den Namen!!

 

 

Verrat mir Deinen Namen – Ein Rätsel

 

„O, Elend sprich, verrat mir Deinen Namen“.

„Wenn Du den Namen wissen willst, so höre!

 

Erbaut vor vielen Jahren schon behaupt` ich

meinen Platz. Der Arbeit ist mein Zweck geweiht,

die Häuser schlicht und schier. Klein sind die Räume,

klein der Zins. Ist heut noch Paradies fürs

Volk aus Polen und den türk´schen Landen.

 

Gesäumt die Fluchten straßenweis sieht alles

gleich in gleich. Den einen heißt`s Eintönigkeit.

Ich nenn` es Ebenmaß, nenn`s Schönheit gar,

die nirgendwo durch hingeschnörkelt` Kunst

ehrgeiz`ger Architekten wird gestört.

 

Und aus dem Brei der Einheit ragt ein Klotz

aus Stein und Stahl, darin Beamte werkeln,

zu ordnen das geschäft`ge Treiben Aller.

Andächtig sind gerichtet unsre Blicke

auf diesen Ausbund matter Eleganz,

der sich dem Zahn der Zeit entgegenstemmt.

 

Vor unsren Toren, ins Grüne hingeklotzt,

umrahmt von Asphalt für das liebe Blech,

die glitzernd Pracht von Märkten für das Volk,

zum Kauf der Waren des täglichen Bedarfs.

Und siehe, in allernächster Nachbarschaft

die platten Äcker dicht besät mit Runkeln.

 

Dieweil der fleiß´ge Landmannn zur Erntezeit

mit erd`ger Patina die Straßen schlämmt. 

Und unser Volk? Charmant ist`s und gebildet.

Fast polyglott erkundet´s unsre Stadt, der Gärten

Zier voll Kohl, Ranunkeln und Zibeben.

 

Und zaudert lang, den Schönheitskreis für

immer zu verlassen. Denn ohne Maßstab

ist sie ihm liebenswert, vertraut, ohn` Makel.

 

Nun sprich! Den Namen! Hast Du mich erkannt?“

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