Die Entlarvten – Eine dramatische  Szene 

 

Sprecher 1: Ein um den rechten Glauben ringender Katholik 

Sprecher 2: Ein Jesuit  

 

Sprecher 1:

 

Schon früh habt Ihr die Seele ihm verdreht   

wie bei der Taufe, dem Eintritt in die Welt der Christen. 

Ein grausig` Lehrstück ist`s für Euren starren Geist: 

Ein Säugling noch, doch schon Objekt für fremden Willen. 

 

Sprecher 2:

 

Die Rettung vor dem Bösen nennen wir`s, 

den Fluch der angeerbten Sünde auszutilgen. 

 

Sprecher 1:

 

Den Fluch? Welch grässlich Hypothek 

wird hier den Menschen angehängt! 

Tritt nicht das Kind mit reiner Seele, 

ganz ohne Schuld die Lebensreise an, 

voller Vertrau`n auf die, 

die bahnen ihm den Weg ins Gute? 

 

Sprecher 2:

 

Von Adams Fall, von Evas Hoffahrt 

liegt Schuld auf jedem Menschenkind. 

Nicht individuelle Sünde ist`s der Nachgebor`nen, 

doch sühnen müssen`s alle! 

Mutwillig ist das Band durchschnitten, 

das Gott den Menschen freundschaftlich verband. 

Die Schuld, die muss getilget werden, 

jetzt, ohn` Ansehn der Person! 

 

Sprecher 1:

 

So ist die Lehre Eurer Kirche, ja! 

 

Sprecher 2:

 

Ist`s nicht die Eure auch? So sprecht! 

 

Sprecher 1:

 

Die meinige, nun ja…! 

Gebogen hab ich mich in Jahren, 

doch mehr den Rücken als das Hirn. 

Drum ford`re ich`s jetzt: 

Gebt doch dem jungen Leben Raum, 

die ewigen Gebote mit freiem Willen 

fröhlich zu erfüllen.   

 

Sprecher 2:

 

Ihr sprecht, wie Ihrs versteht! 

Wir sind hier nicht im Parlament, 

wo Mehrheitswille zählt. 

Der Gott, der schwer beleidigte, 

der reichet seine Hand dem Sünder. 

Wer ist`s, der dieser Gnad sich will verweigern, 

der rechten will mit dem Erlöser? 

 

Sprecher 1:

 

Verweig`rung nicht, nur Aufschub ist`s, 

um die ich bitt. Geschieht die Wendung hin zu Gott 

in spät`ren Jahren erst, so ist sie umso fester, 

als es der Zwang jemals vermag.  

 

Sprecher 2:

 

Mir scheint, hier fehlt`s an Unterordnung. 

Ich spüre Renitenz in Euren Worten. 

Und deshalb hört: 

Wer`s nicht versteht, wer sich verweigert, 

dem ebnen wir den Weg auch ungefragt, 

die Gabe Gottes mit frohem Herzen anzunehmen.  

 

Sprecher 1:

 

Mit frohem Herzen? Ist es nicht Drohung, 

Willkür nur, perfektioniert in vielen hundert Jahren? 

Das Kind zu binden, stellvertretend durch die Paten? 

Warum die Hast, den freien Willen auszuschalten, 

dem Bösen abzuschwören, zu geloben, 

zu gehorchen vor der Zeit der Mündigkeit? 

 

Sprecher 2:

 

S`ist frommer Brauch der Kirche, 

so steht`s geschrieben! 

 

Sprecher 1:

 

Nicht in dem Buch der Bücher! 

Und frommer Brauch? 

 

Sprecher 2:

 

Und noch einmal: 

So steht`s geschrieben! 

 

Sprecher 1:

 

Ist´s eher nicht der Tradition, der Strategie geschuldet? 

Ist`s nicht von Menschen ausgeklügelt? 

Geschieht`s nicht mit dem Ziel, hier einzuüben, 

den eigenen Verstand nicht zu befragen, 

zu glauben aber alles? 

Wie Muttermilch soll`s eingesogen werden 

vom früh`sten Lebensalter an. 

 

Sprecher 2:

 

Die Unterordnung, der Verzicht, die Buße, 

sie sind die Basis zur Befolgung göttlicher Gebote. 

Nur wer sich beugt der Allmacht seiner Kirche, 

dem wird Gelegenheit zur Himmelfahrt gegeben. 

 

Sprecher 1:

 

Das ist Erpressung, Missbrauch Eurer Macht. 

Das Recht dazu ist nicht in Eure Hand gegeben! 

 

Sprecher 2:

 

Wir nehmen`s uns. Denn merket auf: 

Wir, als die Stellvertreter Gottes, sind Menschen zwar, 

doch Auserwählte, versehen mit der Macht 

zu strafen, zu verdammen, zu sprechen frei die Sünder, 

die ohne Reu` auf eig`nem Weg beharr`n. 

 

Sprecher 1:

 

Ein kalter Hauch ergreift mein Herz, 

legt sich wie stählern` Klammern um`s Gemüt. 

Wo bleibt die Lieb`, die Demut, 

zu der uns Gott in seiner Lehre hat verpflichtet? 

 

Sprecher 2:

 

Beruft Euch nicht auf Gott! 

Eindeutig ist die Lehre uns`res Herrn. 

Sie fordert auf, den Kreuzestod des Sohns als Opfer 

zu erkennen, mit dem die Menschheit ist gerettet worden 

von dem Fluch des Bösen. 

Und deshalb noch einmal: Nur Reue ist`s, 

die ebnet ihm den Weg zum Herrn. 

So fordern wir`s, so fordert`s Gott. 

 

Sprecher 1:

 

Ihr schweifet ab. 

Die Reu`, die Buße ist nicht der Gegenstand des Streits. 

Es geht um mehr. 

Es geht um`s höchste Gut des Menschen. 

Ich wiederhol`s: den eigenen Verstand. 

 

Sprecher 2:

 

Der Glaube ist`s, den Gott und seine Kirche fordern. 

Wollt ihr, Vermessener, den Maßstab Eures Hirns 

an Stelle Gottes Güte setzen? 

 

Sprecher 1:

 

So nenn ich  es Vernunft, nenn`s Ratio. 

Sie  ist`s, die alle Menschen adelt. 

Sie ist`s, die ihn erhebt zur Krone aller Schöpfung. 

Den eigenen Verstand zu nutzen, 

zu prüfen sich, ob man gefehlt, gefrevelt, 

sich leichten Herzens abgewendet hat von Gott, 

so wird die Kreatur zum Mittelpunkt der Welt. 

Geschaffen ist der Mensch durch Schöpfers Hand, 

zu suchen, zu irren auch, zu finden. 

Hier liegt der Unterschied zum Tier. 

Gebt uns die Freiheit, sie ist das Elixier des Lebens! 

Erhoben wird der Mensch, wenn er sie nutzt. 

 

Sprecher 2:

 

Sie wird missbraucht, die Freiheit, ohne Scham. 

Exzesse sind`s, die sich der Mensch 

in ihrem Namen will erlauben. 

Wir dulden`s nicht, dass hier gesündigt wird 

mit Lust und Vorsatz. 

Und deshalb noch einmal: 

Das Knie gebeugt in Demut vor der Mutter Kirche.  

 

Sprecher 1:

 

So spricht die Mutter nicht zum Kinde. 

Stets  lässt sie leiten sich von Liebe, 

von Sorge um das Wohlergehn der Ihren. 

Die Litanei, die Ihr uns vorgebetet habt, 

sie ist dem Machterhalt geschuldet: 

Du, Mensch -  Du Sünder, voller Ränke, 

voll schlechten Sinns den Nächsten zu betrügen, 

dem Trieb, dem Bösen nachzugeben jederzeit. 

Durchschaut seid Ihr nicht erst seit heut`. 

 

Sprecher 2:

 

Und abermals will ich Euch sagen, nein, 

schleudern will es ins Angesicht des Ketzers, 

der hier das Heiligste will treten in den Schmutz: 

Den Weg zum  Heil der Menschen, 

er ist in uns`re Hand gegeben. 

Wir teilen aus die Gnade, wir entziehen sie. 

 

Sprecher 1:

 

Da habt Ihr abermals die Maske abgerissen, 

mit der Ihr Eure Täuschung deckt. 

Hier wird sie offenbar, die Überhebung, 

die Euch entfernt vom Menschenrecht, 

von denen, die Eurer Hilf` bedürfen, 

die voll Vertrauen sich an Euch gewendet.   

 

Sprecher 2:

 

Fragt ihr nach uns`rem Recht? 

So habt die Antwort: 

Nur auf den allerersten Blick 

sind wir Euch Abgeirrten gleich. 

Wir wandeln auf der gleichen Erde, 

doch sind wir nicht von dieser Welt. 

Der Abglanz Gottes veredelt uns die Stirne. 

Unmessbar ist der Abstand zwischen uns und Euch.

 

 

Sprecher 1:

 

Das ist der Lebensirrtum, der Fehler der Geburt der Kirche. 

Die Macht ist ein Begriff des Weltlichen, 

sie eignet nicht zur Liebe, 

zur Hilfe für den Nächsten. 

 

Sprecher 2:

 

Aus Euren Worten spricht der Hass auf alles Geistige, 

auf das, was ist der Kirche heiligster Besitz. 

Nun höret diese Worte und wisst, 

sie sind gegründet auf 2000 Jahre Tradition: 

Die Macht, sie ist gegeben uns von göttlicher Instanz, 

die Wahrheit, die allselige, zu setzen in ihr Recht. 

Wer sich verweigert dieser Gnade, 

dem wird sie machtvoll eingeflößt. 

Denn merket wied`rum auf: 

Allein die Kirche ist der Hort der Tugend.  

 

Sprecher 1:

 

Allein die Kirche? 

Sind`s Menschen nicht, mit Fehlern auch? 

Mit Hoffart, Eitelkeit, mit Streben nach Besitz? 

Und ist der Leib nicht auch der Schwachheit ausgesetzt? 

Was stets gegeißelt, das wird geleugnet an sich selbst 

und projiziert auf die Gemeindekinder. 

Die sind der Maßstab Eurer Überhebung, 

die für die eig`ne Höh` 

sich selbst das Gegenbild beschafft: 

Je tiefer der, je höher ich, 

auch wenn Ihr selber steckt im Sumpf der Sünde! 

 

Sprecher 2:

 

Das Urteil habt Ihr selbst gesprochen über Euch. 

Der Gnade seid Ihr längst verlustig. 

Verschlossen ist das Himmelreich für Euch auf ewig. 

Hier kennt die Lehre kein Erbarmen. 

 

Sprecher 1:

 

Und so beklag`ich`s. 

Die Lehre, sie ist Menschenwerk, nicht Gottes Wort. 

Die Religion? Eine Chimäre. 

Ihr Personal? Entlarvte sind`s! 

Predigt nur weiter Euer Liedchen. 

Wir machen uns`ren eig`nen Vers.

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