Nr. 119: Und dort, von fern ein bunt Gewimmel

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

ich war mit meiner Frau in Urlaub. In Oberbayern. Wir entschlossen uns, das Benediktinerkloster Andechs auf dem „heiligen Berg“ oberhalb des gleichnamigen Örtchens zu besichtigen. Einer der größten, sicher aber der bekannteste Wallfahrtsorte Deutschlands.

 

Man zeigt dort weltberühmte Reliquien, unter anderem einen Zweig aus der Dornenkrone Christi, einen Teil des „Spottzepters“, ein Stück vom Kreuz sowie einen Teil des Schweißtuches. Der Knüller aber sind die „Drei Hostien“, das sogenannte Heiltum. 1388 soll eine Maus während einer Messe in der ehemaligen Burgkapelle einen Reliquienzettel ans Tageslicht gezerrt haben. In dessen Folge wurden die Hostien wiederentdeckt. Das ist der religiöse Teil.

 

Mit dem konkurrieren die weltlichen, besser: wirtschaftlichen Einrichtungen. Die Klosterbrauerei mit einem jährlichen Bierausstoß von über 100.000 Hektolitern und eine Großgastronomie, mit allem, was heiß und fettig ist. Starke Wettbewerber um die Gunst der Pilger und Wallfahrer.

 

Wer da wohl attraktiver ist? Ich habe einen Selbstversuch unternommen. Das nachstehende Gedicht gibt einen Eindruck vom Ergebnis.

 

 

Der heilige Berg

 

Von Ferne glimmerts durch das Land.

Ist Wallfahrtszeit, ist heil´ge Zeit.

Nicht nur den Menschen ist´s bekannt,

hier steht für Christen Trost bereit.

 

Sogar die Bäume neigen sich,

das Korn im Acker schauernd bebt.

Das Vieh im Stalle andächtig

sein Augenpaar zum Berge hebt.

 

Und dort von fern ein bunt Gewimmel.

Es strömt zum Heiltum gläubig hin.

Man spürt die Sehnsucht im Getümmel

von Pilgersmann und Pilgerin.

 

Noch jeden schlägt das Ziel in Bann,

das Trost und Rettung fest verspricht.

Man ächzt den steilen Pfad hinan,

Kasteiung ist hier Sünders Pflicht.

 

Doch dann des Christenmenschen Lohn.                                                                                        Von weißer Platte strahlt derweil

der Fleisch gewordene Gottessohn.

Als Haxe bringt er Sündern Heil.

 

Und seht das schäumend schwarze Bier,

wie´s durch die durst´gen Kehlen zischt.

Das Blut des Sohnes schmeckt man hier,

vor dem die Sündenschuld verlischt.

 

Nach brav getanem Dienst am Herrn

ruht die Gemeinde tüchtig aus.

Nach Andechs zieht sie´s immer gern.

Getröstet fahren sie nach Haus.

_______________________________________