Nr. 121: Der Blick war´s, der befreite mich

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

denken Sie manchmal zurück an Ihre Schulzeit? Sicherlich, das ist ganz normal. Entscheidend ist nur, mit welchen Gefühlen. Ich habe noch die Zeit der Kommandoschule erlebt. Zack-Zack! Da ging´s zu, wie auf dem Kasernenplatz. Kleine Lehrermännchen führten sich auf, wie ein Spieß beim Exerzieren. Aber meist ging es nur um die Demonstrierung von Macht zur Überdeckung der eigenen Schwächen. Es hat lange gedauert, bis ich dahinter gekommen bin.

 

An meinen alten Lehrer*

 

Meist hast du dich an mir gerieben.

Wenn nicht, hast du mich übersehn.

Ich war oft still, ganz unbeschrieben.

Doch wollt ich nie beiseite stehn.

 

Die Leisen warn für dich die Schwachen.

Du warst auf Stärke programmiert.

Ich höre heute noch dein Lachen,

das meine Ängste denunziert.

 

Doch dann sah ich in deine Augen.

Der Blick wars, der befreite mich.

Nichts konnte da zur Stärke taugen.

Du warst der Schwache. Stark bin ich.

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* nach Joachim Ringelnatz (1883 bis 1934): An meinen alten Lehrer