Nr. 128: Sie leben zwar, doch sind sie tot

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

noch fünf „Struwwelpeter-Geschichtchen“. Die aber gibt es erst im neuen Jahr. Heute drängt es mich, ein aktuelles Problem lyrisch zu beleuchten. Natürlich hat es etwas mit der Pandemie zu tun. Aber aufgemerkt: Corona ist nicht an allem schuld!

 

Die Schulen waren auch vor der Pandemie nicht auf die Digitalisierung vorbereitet. Die Gesundheitsämter waren lange vor Corona materiell und personell ausgedünnt. Ebenso wie die Polizei und das Personal in unseren Krankenhäusern und Pflegeheimen. Und viele Unternehmen sind nicht erst durch das Virus in Schieflage geraten. Aber das ist heute nicht mein Thema.

 

Mir geht es um unsere Umwelt. Die aus Stahl, Beton, Ziegeln, Asphalt. Sorgen machen mir unsere Städte mit ihren Straßen, Plätzen, mit Kneipen, ihren Ruhezonen und den gar nicht mehr so vielen großen und kleinen Geschäften. Das, was mich besorgt, hat lange vor der Pandemie begonnen. Wer sehen wollte, sah. Die Zeichen waren untrüglich.

 

Inzwischen haben sich die neuen Austauschbedingungen für Güter am Markt längst etabliert. Der Online-Handel ist nicht mehr aufzuhalten. Wer durch unsere Städte geht, sieht die Folgen. Ruinen einer vormals intakten Handelsstruktur, wohin man schaut. Unwiederbringlich dahin. Zerstört. Nur noch Kulisse. Weil nicht rechtzeitig gehandelt wurde. Und immer noch gibt es Menschen, die die Zeichen nicht wahrhaben wollen.

 

 

Ein dringender Appell

 

Merkt Ihr´s nicht, Ihr braven Leute?

Hier deutet sich was Großes an.

Wer bisher die Wahrheit scheute,

der ist bald schon übel dran.

 

Der Wohlstand, aufgehäuft in Jahren

wird vom Fortschritt weggefegt. 

Bald schon werden das erfahren,

die den Traum vom Glück gehegt,

 

das sich fortzeugt wie bisher.

Doch die Zeiten sind gewandelt.

Fällt Euch die Erkenntnis schwer,

habt Ihr schlecht an Euch gehandelt.

 

Hört und seht die Welt im Chaos.

Alles hat sich umgedreht.

Ritter, Reiche, Kirch und Schloss -

Nichts an seinem Platze steht.

 

Erst war es nur leises Rauschen.

Dann ein Heulen in den Bäumen. 

Die Einen sah man achtsam lauschen.

Die Anderen schienen fortzuträumen.

 

Wer sah und sich Gedanken machte,

der schützte Haus und Dach und Tor.

Und als der Sturm sich dann entfachte

mit Schreckgewalt wie nie zuvor, 

 

da sahn die Träumer mit Entsetzen,

wie ihr Besitz zusammenbrach,

wie das Gehegte ging in Fetzen

und nichts und niemand Hilf versprach.

 

Nun ziehn sie einsam durch die Welt

und betteln um ein Stücklein Brot. 

Hinfort ist alles Gut und Geld.

Sie leben zwar, doch sind sie tot.

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