Nr. 156: So, nun reicht´s. Ich hab´ zu tun.

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

ein prominenter Kardinal und Bischof ist zurückgetreten. Nein! Stopp! Er hat seinen Rücktritt angeboten.  Wollte er wirklich politische Verantwortung übernehmen oder war es nur ein Akt der Bauernschläue? Wir können Kardinal Reinhard Marx nicht ins Herz schauen. Aber eins ist unabweisbar:

 

Die Ablehnung seines Rücktrittsgesuchs durch Papst Franziskus ist für Marx der Haupttreffer: Einsichtiger Büßer und gleichzeitig strahlender Sieger - das muss man ihm erst mal nachmachen. Da zeigt sich eine virtuos gehandhabte Version des Grundsatzes „Mehr Scheinen als Sein“.  Oder nach Friedrich Nietzsche: „Wer sich erniedrigt, will erhöht werden.“

 

Wie überhaupt der Kardinal die Blüchersche Strategie des „Angriff ist die beste Verteidigung“ perfekt beherrscht. Lesen Sie die nachstehende Szene und schmunzeln Sie. Ausgangspunkt ist die Kritik an seinem mit Steuermitteln aufgehübschten Dienstsitz, des Palais Holnstein (vulgo: Protzbau) in München.

 

 

Der Kardinal lacht

 

Der Kardinal verärgert lacht:

Ich stehe unter Protzverdacht?

Ich, der ich lebe so bescheiden?

Das lasse ich mir nicht ankreiden.

 

Wir haben gerade unverdrossen,

die Renovierung abgeschlossen

meines bescheidenen Palais*.

Das schonte unser Portemonnaie

 

und kostete den Staat Millionen.

Und deshalb darf ich hier betonen,

meinen Ansprüchen zum Trotz

ist vermieden jeder Protz.

 

Mir liegt nichts an Prunk und Pracht.

Mir liegt nichts an Geld und Macht:

Fader Zwirn und karges Essen.

Kurze Nächte. Lange Messen.

 

Grübeln, Beten und Studieren.

Abkassieren. Defilieren.

Und mein Doppelbett?  Ist leer!!

So ein Kardinal hat´s schwer.

 

Für mich das wichtigste Gebot

ist Armen helfen in der Not.

Deshalb dürft ihr mich besuchen.

Dazu gibt´s Kaffee, Sahne, Kuchen.

 

Termine hat der Weihbischof,

geradeaus und übern Hof.

So, nun reicht´s. Ich hab´ zu tun.

Zwei Stunden beten, danach ruh´n,

 

ist für Kardinäle Pflicht.

Mein Herr Kaplan, der darf das nicht.

Soll der erstmal auf Ochsentour,

dann wird er auch mal Hauptfigur.

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*Kardinal Reinhard Marx bewohnt kostenfrei das Palais Holnstein. Das Rokokogebäude wurde für 8,7 Millionen Euro generalsaniert. Den Löwenanteil zahlte das Land Bayern.

 

Und hier Kardinal Marx im Interview mit Siegmund Gottlieb vom Bayrischen Rundfunk