Nr. 178: Zitt´re, o schwächlicher Mensch

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

manchmal muss man das klassische Versmaß bemühen, wenn es um die großen zeitgeschichtlichen Probleme geht, auch dann, wenn sie im Gewand kleinlicher Streitereien daherkommen.

 

In einer solchen Zeit leben wir derzeit. Der Mensch besichtigt die Folgen eigenen Tuns. Die Weichenstellungen vollziehen sich in quälender Langsamkeit. Schuldzuweisungen aller Orten. Und die Zukunft ist ungewiss. Lesen Sie meine Situationsbeschreibung und ahnen Sie den aktuellen Bezug.

 

 

 

Am Reinfall*

 

Zitt´re, o schwächlicher Mensch, der du sorglos dich nahtest der Urne.

Siegesgewiss hast das Kreuz du markiert und nun fürchte die Folgen.

Zuversicht führte die Hand, weil der Kopf sich in Sicherheit wähnte.

 

Sahest Du nicht den Verfall, den zerschlissenen Purpur der Großen?

Krachend versinken jäh Szepter und Krone im finsteren Orkus.

Quälend gebiert sich das Neue, aus minderem Stoffe gezeugt.

 

Sieh die Gesichter, gezeichnet von Hass und Verblendung.

Dies sind die Herren, Verweser des einstigen Ruhms, der dich zierte.

Krampfige Gesten, gepaart mit fiebrig durchtränkter Tirade. 

    

Heilsbringer eben noch, siehst du sie balgen um Titel und Bares.

Panik erfasst dich und Grausen, denn siehe, die Throne zerbersten.

Nichts bleibt von dem, was du schufest beharrlich in Jahren des Glücks.

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*Inspiriert von Eduard Mörikes „Am Rheinfall“