Nr. 184: Facettenreich

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

 „Zwischen den Jahren“ – Sie kennen den Begriff. Es ist eine eigenartige Zeit. Ohne den gewohnten Lebensrhythmus, ohne Pflichten. Ein wenig so, wie man sich die Schwerelosigkeit vorstellt… Die Gedanken mäandern, wenn man sie denn mäandern lässt. Und in dieser Situation fällt einem so dies und das ein. Merkwürdiges, wie…. ja, wie dieses Gedicht. Können Sie damit etwas anfangen? 

 

 

Mein bester Freund

 

Mein bester Freund - Ihr glaubt es nicht -

hat einen langen Schwanz,

mit dem er ohne Worte spricht,

stets voller Eleganz.

 

Was er zu verstehen gibt,

ist mir jederzeit präsent.

Vor allem bin ich so verliebt

in sein perfektes Kompliment.

 

Und lieb ist er zu jedermann.                          

Er schmeichelt nicht nur mir.

Ein Rätsel ist er, dann und wann.

Ist Mensch er oder Tier?

 

Ich weiß es selber nicht genau.

Ein Mensch – wenn man ihn hört.

Doch siehst du seinen Körperbau

gibt´s einiges, das stört.

 

Die Augen zwar sind wunderbar.

So tief, so blau, so weich.

Doch schon sein Schädel, seine Haar´ -

mild sein fällt hier nicht leicht.

 

 

 

 

 Ein grober Mund. Nein! Mehr ein Maul,

so lautet mein Befund.

Er gleicht fast einem alten Gaul.

Stopp! Eher einem Hund.

 

Doch seine Stimm´ ist sanft und sacht.

Sie säuselt warm, verführerhaft. 

Ich rat, nehmt euch vor ihr in acht.

Hier lauert Überredungskraft.

 

Das Haar nun wieder gelb verzaust

ist eher Stachelborsten gleich.

Und doch hat´s wenige gegraust.

Ist irgendwie…. facettenreich.

 

Der Körper selbst…, nun ja, ich schweig´.

Wär nicht der Schwanz bemerkenswert,

gäb es bei facebook nie ein „Like“.

Nie hätt´ ich lyrisch ihn geehrt.

 

Und doch schlägt er mich in den Bann.

Ich weiß: Er ist ein dubioser Typ.

Er schmeichelt mir wie Don Juan.

Und deshalb ist er mir sehr lieb.

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