Nr. 198: Die Rache verpasst, der Ruf ruiniert

 

Liebe Leserin, liebe Leser,

 

die Diskussionen über den brutalen Überfall auf die Ukraine durch den Präsidenten Russlands werden bei uns nach dem Muster geführt: Wir sind die Guten, die Russen die Bösen. Obwohl die Schuldfrage eindeutig ist, gilt: Gute und böse Menschen oder besser: aufrichtige Menschen und Heuchler gibt es überall.

 

Ein Beispiel: Auch mehr als ein halbes Jahr nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan harren weiter Tausende ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr im Land aus. Trotz der Zusage des Ex-Außenministers Heiko Maas: „Wir helfen, bis alle in Sicherheit sind, für die wir Verantwortung tragen!“.

 

Inzwischen sind 8700 ehemalige afghanische Ortskräfte einschließlich ihrer Familien in Deutschland angekommen*. Die Bundesregierung hatte mehr als 21.000 Aufnahmezusagen gegeben. Dies nur zur Erinnerung an die allzu Selbstgerechten.

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*Tagesschaumeldung vom 15. Februar 2022

 

 

Alles verloren

 

Da sind sie in den Krieg gezogen.

Mit Panzern, Raketen und gutem Gewissen

und haben sich selbst und die Nation belogen.

Nur die Fahne des Friedens wollten sie hissen.

 

Das verkündeten sie mit großen Worten.

Sie seien die Beschützer der Demokratie.

Sie würden stärken die verdorrten

Triebe von Menschlichkeit und Empathie.

 

Ihr Ziel sei nur die menschliche Sache.

Freund und Helfer nannten sie sich.

Doch sie sannen einzig auf Rache.

Das rächte an ihnen sich fürchterlich.

 

Sie träufelten das süße Gift in die Ohren

von Wohlstand und von Menschenrechten.

Am Ende hatten alle alles verloren.

Und die als Gute gekommen, sind jetzt die Schlechten.

 

Die Rache verpasst. Der Ruf ruiniert.

Das Leben verloren. Das Land zerbrochen.

Das Gewissen belastet.  Das Vertrauen zerstört.

Und die Politiker sind blamiert bis auf die Knochen.

 

Zurückbleiben die Opfer, die sie befreien wollten.

Schal klingen von weither die Durchhalteparolen.

Von den einen vergessen, von den anderen gescholten,

hat man ihnen jetzt auch noch die Hoffnung gestohlen.

 

 

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„Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“ Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.

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