Liebe Leserin, lieber Leser,
am 3. Oktober feiern, nein, erinnern wir uns an die Wiedergewinnung der deutschen Einheit. Die Bilanz ist gemischt, wenn man die Bürgerinnen und Bürger fragt. Insbesondere im Osten sind die kritischen Stimmen stark vertreten.
Was sagen Sie? Sind Sie zufrieden? Sind wir als ein Volk zusammengewachsen? Sind unsere Träume wahr geworden?
Meinen Rückblick auf 32 Jahre Gemeinsamkeit plus Analyse des Status quo lesen im nachstehenden Gedicht. Letztlich ist es nur eine Momentaufnahme. Kein endgültiges Fazit. Auch hier gilt: Die Hoffnung (auf die innere Einheit) stirbt zuletzt.
Der Riss – eine kleine Bilanz
nach 32 Jahren
Da geht ein Riss durchs deutsche Land.
Erst war er kaum zu spüren.
Man war sich zwar nicht unbekannt,
doch fehlte das Berühren.
Man war sich fern und doch ganz nah.
Man musste sich ja lieben.
Das, was im Volksprotest geschah,
entsprach doch unseren Trieben
nach Einigkeit und gleichem Recht,
nach Wohlstand und Bananen.
Uns ging es gut und jenen schlecht.
Klingt fast wie in Romanen.
Schön, wenn alles klar geordnet ist.
Die Reichen hier, die Armen dort.
Hier ist der Christ, dort der Marxist.
So ging die Eintracht über Bord,
falls jemals sie bestanden.
Und plötzlich lief die Zeit zurück.
Die Einheit ward zuschanden.
Verspielt ward schnell des Volkes Glück
in Stadt, Land und Gemeinden.
Die Brücken wurden demontiert,
zu schützen sich vor Feinden.
Der neue Riss wurd´ zementiert.
Er wirkte wie die Grenze.
Wo vormals Tränen flossen,
band man aus Stahl sich Kränze.
Die Spaltung wurd´ begossen.
Sie geht jetzt durch die Herzen.
Nicht nur durch Land und Stadt.
Es leuchten keine Kerzen.
Man hat sich gründlich satt.
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Für die kommende Woche wünsche ich Ihnen einen klaren Blick
auf die vielen Ungereimtheiten unseres Alltags.
Bleiben Sie wachsam.
Herzlichst
Ihr
Rainer Sliepen