Nr. 244: Wie die Bachforelle

                                                                                                             Römerbad im Hotel Nove Lázně

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

Kontraste sind ein Lebenselixier, sie rütteln auf, bringen Spannung, lassen all zu lieb Gewonnenes in neuem Licht erstrahlen. Ab und zu gönne ich mir diese Kontraste in Form einer einwöchigen Auszeit im ehemaligen k.u.k. Kurbad im tschechischen Marienbad (Mariánské Lázně), ein 5 Sterne Hotel mit allem erdenklichen Komfort, wobei der Charme des Personals besonders hervorzuheben ist

 

Glanzstück ist das Römerbad. Ein architektonischer Traum von höchster Ästhetik und Harmonie. Körperreinigung? Ertüchtigung des Muskelapparats? Ach was. Hier wird geträumt, meditiert, reflektiert. Das Ergebnis meiner Träumereien lesen Sie im folgenden Sonett.

 

  

3. Marienbader Sonett: Im Bad

 

Als ob das Wasser die Gedanken kühlt,

die -  aufgehitzt vom Alltag -  ruhig werden.

Man lässt sich treiben, wohlig, spürt und fühlt,

wie unaufhaltsam schwinden die Beschwerden.

 

Wie einst die Römer liege ich im Bad.

Um mich herum nur Säulen, Kapitelle.

Fleischfarben schimmern Kacheln wie Achat.

Ich fühl´ mich plötzlich wie die Bachforelle,

 

die im kristall`nen Grunde marmor´n schwebt

und beutelüsternd sichtet ihr Revier.        

Mein Geist, der schon ermattete, er lebt.

 

Und mustert jetzt am Beckenrand mit Gier

die schönen Frau ‘n, die lange er entbehrt.

So ist das Römer Bad: Bemerkenswert!

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In der Tat bemerkenswert die Pracht der untergegangenen und hier doch erlebbaren Attraktionen einer versunkenen Welt. Ein bisschen Luxus - warum nicht. Der graue Alltag hat uns schnell wieder eingefangen.

 

Mit den herzlichsten Grüßen von einem runderneuerten Dichter!

 

Ihr

 

Rainer Sliepen