Nr. 247: Es hätte in die Werft gemusst

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

der Blog des Lyrikjoint ist das, was in der Tagespresse der Leitartikel ist. Nur knackiger und eleganter. Und ebenso aktuell und meinungsstark. Hier mein Wochenaufreger:

 

Erneut drängt sich ein Thema in die Kommentarspalten: Der wiederholte Missbrauch in der katholischen Kirche, diesmal nachgewiesen in einer umfassenden Studie über das Bistum Mainz.

Der aktuelle Bischof Peter Kohlgraf reagierte auf das Gutachten mit dem Satz: „Eine solche Kirche will ich nicht“ und sprach von „schrecklichen unaussprechlich widerwärtigen Schilderungen“.

 

Hinzu kommt ein besonders erschreckender Fall der Heuchelei. Es handelt sich um den verstorbenen, überaus populären Kardinal Karl Lehmann, dessen Verhalten den „Graben zwischen öffentlicher Rede und internem Handeln” deutlich mache, so der Weihbischof und Generalvikar Udo Bentz.

Kardinal Karl Lehmann                    Mainzer Dom               Logo Bistum Mainz

Verstorben: 11. März 2018                  

 

 

Der Untergang

 

Mit dieser Kirche muss man brechen.

So hört man laut den Bischof sprechen.

„Eine solche Kirche will ich nicht“.

Abscheu scheint dem Bischof Pflicht.

 

Kohlgraf heißt der brave Mann,

der retten will, was man nicht kann.

Das Schiff der Kirche hat ein Leck.

Das Wasser steigt von Bug bis Heck.

 

Jedem war´s schon lang bewusst.

Es hätte in die Werft gemusst.

Doch lieber sparte man die Kosten.

Auch, wenn Niet´ und Schrauben rosten.

 

Hilflos im Sturm treibt es dahin.

Verloren ist des Schiffes Sinn.

Das Ruder dreht sich in die Leere.

Ein Nichts im aufgewühlten Meere.                     ...

 

 

 

 

Die Mannschaft ist schon längst von Bord.

Hier ist nur unbehauster Ort.

Die Segel sind vom Sturm zerfetzt.

Nur einer noch von Rettung schwätzt.

 

Das ist der schwarze Kapitän,

der will das zorn´ge Meer nicht sehn,

das einströmt zwischen morschen Planken.

Seht, wie schon die Masten schwanken.

 

Die Brecher rasen übers Schiff.

Am Strande droht das scharfe Riff.

Jetzt will der Käptn auch von Bord.

Es packt das Schiff ein Wind aus Nord.

 

Und in dem wüsten Untergang

da dröhnt des Chaos grauser Klang.

Doch wie´s gekommen, scheints gegangen.

Ganz still die güldnen Sternlein prangen.


 

Am nächsten Morgen wird es helle.

Das Wasser deckt die Unglücksstelle

Die Unglücksstelle? Man sinniert…

Hier ist doch Schlimmes nicht passiert.

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Das Schlimme bemerken und das Gute loben, das sollten wir nie verlernen. Für die kommende Woche wünsche ich Ihnen einen unbestechlichen Geist und offene Augen für die Schönheiten des beginnenden Frühlings.

 

Herzlichst

 

Ihr

 

Rainer Sliepen