Nr. 264: Wir lebten wie barocke Fürsten

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

die römisch-katholische Kirche versinkt immer tiefer in einem moralischen Sumpf. Und was machen die Kardinäle und Bischöfe, statt sich den Vorwürfen zu stellen?  

Sie flüchten sich aus der unbequemen Gegenwart in die als rosarot empfundene Vergangenheit.

 

Und das waren die 60er Jahre, wenn man bedenkt, dass die bußfertigen Schäfchen von früher ihren Hirten heute in Scharen davonlaufen. Und auch noch unbequeme Fragen stellen.

 

Da wird der nostalgische Stoßseufzer eines Pfarrers an der tristen Gebetsfront verständlich. Lesen Sie seinen….

 

Monolog über die 60er Jahre

 

Der Pfarrer fühlt sich desolat:

Wir war´n die Herren hier im Staat.

Nun ja, war es nicht eben gestern?

Da fürchteten uns Brüder, Schwestern,

Neffen, Nichten, Onkel, Tanten,

ja, alle Anverwandten

bis in die vierte Generation.

 

Man grüßte uns von weitem schon

mit dem gehörigen Respekt.

Wir haben keinen abgeschreckt.

Wer renitent, dem drohten Strafen.

Wer abgewichen von den Schafen,

den ängstigte das Weltgericht.

 

Und unkommod war´s eben nicht 

für unsereins in der Gemeinde.

Wir hatten keine offenen Feinde.

Wir lebten wie barocke Fürsten.

Und sollt´ es jemand von uns dürsten

nach Knabenfleisch und Mädchenduft?

Da war´n wir alle abgebufft.

 

Wir taten unsere Not bedienen 

an Justus, Fränzchen und Christinen

als Buß´ zur Beicht´ mit gutem Recht.

Und fühlten wir uns dabei schlecht?

Ach was! Der  so beliebte Koitus,

für viele Leute ein Genuss,

der war uns ja von Rom verboten.

 

Doch die Benutzung uns´rer Pfoten 

am Unterleibe von den Kleinsten?

Das war doch etwas von dem Feinsten.

Und wo kein Kläger kein Gericht.

Schweinkram im Beichtstuhl? Heute nicht…

…..und morgen nicht… und nimmermehr.

Wo kriegt man da den Nachwuchs her

für Gottesdienste, Beichte, Trauung?

 

Ich pfeif auf meine Weltanschauung,

wenn´s weiterhin so dröge ist.

Statt Pfarrer werd´ ich Fatalist

und hoffe drauf, wenn´s sich ergibt,

dass man uns Schwarze wieder liebt.

___________________________________________

Jawohl, die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ist die im katholischen Selbstverständnis nicht für die rechte Gottesliebe vorbehalten? Nun ja, Fragen über Fragen und kaum Antworten.

 

Ich wünsche Ihnen gerade heute immer den richtigen Durchblick. Wie immer herzlichst

 

Ihr journalistischer Wegbegleiter

 

Rainer Sliepen