Nr. 284: Denn kurz und gut: Er ist der Star

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

im Blog Nr. 276 vom 7. Januar 2024 habe ich Sie mit dem Typus des Dichters vertraut gemacht. Jetzt erfolgt aus meinem 1000-Strophen Monster-Epos „Das Lied vom Dichter“ wiederum als kurzer Auszug eine weitere Personenbeschreibung. Viel Vergnügen beim Lesen!

 

Des Dichters Schwächen (2)*

 

Die Dichtung ist sein Dienst am HErrn.

Das ist für ihn des Pudels Kern.

Für ihn da zählen wirklich nur,

die Tat, der Mensch und die Natur.

 

Doch wenn ihr glaubt, er wäre heilig,     

das Urteil wär´ gefällt zu eilig.

Denn einen Fehler haben alle.

Sie geh´n dem Ehrgeiz in die Falle.

 

Wobei der „Ehrgeiz“ es nicht trifft.

Sie sind von Eitelkeit bekifft.

Wenn auch nicht alle Bravo schrei´n,

wenn fertig ist ein Textbaustein

 

und sei er noch so unerheblich,

der Dichter findet es unsäglich,

wenn das breite Publikum

ihm hängt den Lorbeerkranz nicht um.

 

Er, der er mit der Worte Kraft

Gemälde wie der Rembrandt schafft,

dem muss man flugs in Festgesängen

den Büchnerpreis ans Hemde hängen.

 

Bei jeder noch so kleinen Schrift,

droht er, er flöße ein sich Gift,

weil man ihn nicht gewürdigt habe.

Die Fairness trage man zu Grabe.

 

Da hilft es nur, sich abzuwenden.

Man weiß, die Klage wird schon enden.

Man schickt sich drein, so ist es immer.

Verklingen wird das Zorngewimmer.

 

So liegt viel Schatten neben Licht.

Den großen Dichter stört das nicht.

Er findet alles wunderbar.

Denn kurz und gut: Er ist der Star.

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*) Auszug aus "Das Lied vom Dichter"

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Ja, Dichterinnen und Dichter sind Menschen wie du und ich. Verzeihen Sie ihnen also ihre kleinen und größeren Macken. In guter Hoffnung grüßt Sie herzlich

 

Ihr Dichterfreund

 

Rainer Sliepen