Almut Unger                     Thomas Laukel

 

Marimbaphon und Flöte – ein seltenes Konzerterlebnis

 

Das Duo Mélange spielt in der Kirche St. Georg in Wendessen

 

 Denkte, 5. März 2023, von Rainer Sliepen

 

Eine seltene Instrumentenkombination stand im Mittelpunkt des Konzerts des Kirchbauvereins Wendessen. Die noch leere Bühne in der schmucken Dorfkirche St. Georg ist fast ausgefüllt von einem Marimbaphon, einem sogenannten Selbstklinger, dessen Aufschlagstäbe mit Schlägeln angeschlagen werden. Daneben wird die Querflöte ertönen. Und zum Klingen bringt das Ganze das Duo Mélange. Das sind Almut Unger und Thomas Laukel. Die Beiden beginnen mit „Tanti anni prima“  („Vor vielen Jahren“) von Astor Piazzolla.

 

Wie eine klingende Visitenkarte

 

Und da entsteht, einer Visitenkarte vergleichbar, das Klangbild des Duos: Eine farbige, sich verströmende, auf- und abschwingende Welle, von Thomas Laukel dynamisch und virtuos in Bewegung gehalten. Wie silberne Fäden wirken die von Almut Unger eingezogenen melodischen Linien. Eine sehr poetische Gestaltung des Originals für Oboe und Klavier, dem hier neue schwebende Klangräume erschlossen werden. Das wiederholt sich bei dem schwermütigen Piazzolla-Tango „Adiós Nonino“ („Leb wohl, Großvater“), einer schmerzlich wehmütigen Erinnerung an einen geliebten Menschen. Hier wirkt das Marimbaphon fast wie ein Medium, das in ferne Tiefen taucht und aus dem Dunkel längst vergessene glitzernde Schätze ans Tageslicht fördert. Dann die Suite „Romeo und Julia“ von Sergej Prokofjew. Eine Tanzfolge, die die Zuhörer durch ihre Klangflut geradezu einhüllt oder in dramatischer Gestaltung das Geschehen der Shakespearschen Familientragödie illustriert. Und dennoch: Wer das Original nicht kennt, steht in Gefahr, zu ermüden.

 

Sehnsucht nach melodischer Harmonie

 

Statt Fließendem sehnt man sich nach der Ausgestaltung einer Melodie, die durch ihre Schlichtheit oder Wiedererkennung berührt. Und wie ist die Spieltechnik? Acht Schlägel in beiden Händen und doch traumwandlerische Spielsicherheit. Und wo sind die Unterschiede und Abgrenzungen zum Xylophon? Wie lange gibt es diese Selbstklinger? Und tatsächlich, nach einer knapp bemessenen ersten Konzerthälfte gibt es zum Auftakt die gewünschten Informationen. Obwohl das heute kein Gesprächskonzert sei, sagt Laukel, gibt es Antworten. 1916 sei das Marimbaphon erfunden worden. Die unter den Platten hängenden Holzklangstäbe dienten zur Verstärkung des Klangs. Wer mehr wissen wolle, könne nach dem Konzert Fragen stellen und gleich beim Heraustragen helfen. Die beiden Künstler lachen. Diese Lockerheit hätte man sich auch beim Musizieren gewünscht. Hier schien die Konzentration die fröhliche musikantische Ausstrahlung zu überlagern.

 

Transkriptionen sind nur Notbehelfe

 

Und weiter: Originalkompositionen gebe es kaum. Deshalb seien sie glücklich, dass der Dresdner Musikprofessor Rainer Lischka ihnen eine Originalkomposition, Titel: „Changes“, gewidmet habe. Letztlich sind die Transkriptionen nur Notbehelfe. Für die Fassung der Sarabande und Gigue aus BWV 1007 gilt das nicht. Das von Bach für Solo-Cello komponierte Werk besticht durch Dreiklangbrechungen, weite Melodiebögen und spieltechnische Eleganz. Die Fassung für Marimbaphon überzeugt durch ihre sinnlich empfundene Gestaltung, die dem historischen Klangbild  eine Alternative hinzufügt. Dann endlich Populäres. Die „Lyrischen Stücke“ von Edvard Grieg gefallen durch ihre Volkstümlichkeit, die Unger und Laukel mit viel hörbarer Spielfreude in Szene setzen. Vor allem der „Zug der Zwerge“ gerät zu einem köstlichen Genrestückchen mit viel purzeligem Humor, der auch dem ersten Teil des Konzerts durchaus gutgetan hätte. Lebhafter Beifall, auch für das etwas überraschend platzierte „Alla Francese“ für Soloflöte von Johann Joachim Quantz. Eine Zugabe.

____________________________________________________________________________________